Deutsches Nationaltheater
Theaterplatz

Schauplatz der Politik

Das 1791 unter Goethes Leitung gegründete Hoftheater erhielt 1919 den Namen Deutsches Nationaltheater (DNT), als die Nationalversammlung hier tagte und die Verfassung der Weimarer Republik beschloss. Eine von Walter Gropius gestaltete Gedenktafel, die an die Verabschiedung dieser ersten demokratischen Verfassung Deutschlands erinnerte, entfernten SA-Leute im März 1933. Eine Nachbildung der Tafel ist heute links vom Eingang zu sehen. Die Nationalsozialisten versuchten das DNT, den Ort der Weimarer Klassik, für ihre Ziele zu nutzen und dessen republikanische Vergangenheit zu überschreiben. 1926 führte die NSDAP in Anwesenheit Hitlers hier ihren ersten Reichsparteitag nach der Neugründung durch. Viele weitere Parteiveranstaltungen folgten. Besonders das zehnjährige Reichsparteitags-Jubiläum 1936 wurde unter reger Beteiligung der Bevölkerung begangen. Massen versammelten sich vor dem Theater, um ihrem "Führer" zuzujubeln.

Theaterbetrieb

Während der NS-Zeit fungierte der Hitler-Vertraute Hans Severus Ziegler als Generalintendant. Der Verfechter der "Blut und Boden"-Ideologie verbannte Stücke jüdischer und politisch missliebiger Autoren vom Spielplan. Zudem setzte er sich vehement für die Entlassung "nicht-arischer" Schauspieler und Musiker ein. Die SS-Aufseher des nahen KZ Buchenwald hingegen wurden als Publikum umworben. Mit der Mietreihe C7 waren ihnen die besten Plätze vorbehalten. Das DNT gastierte auch mehrmals im Casino der SS in Buchenwald. Hitler, der das Weimarer Nationaltheater zu einer führenden Bühne des Deutschen Reiches ausbauen wollte, unterstützte es nicht nur finanziell, sondern besuchte auch zahlreiche Opern- und Operetten-Aufführungen. Die Mittelloge im Ersten Rang wurde eigens für ihn umgestaltet und mit einer über die Brüstung hängenden Hakenkreuz-Decke verziert. Zum Ensemble zählte Anfang der 30er Jahre die Schauspielerin Emmy Sonnemann, die spätere Ehefrau Hermann Görings. Im September 1944 musste das Theater schließen und wurde als Rüstungsbetrieb der Firma Siemens & Halske genutzt. Beim Luftangriff vom 9. Februar 1945 brannte das Gebäude aus.

Emil Fischer

Der Opernsänger war seit 1920 in der Rolle des Bass-Buffo am Nationaltheater engagiert, d.h. er übernahm vor allem komische Partien in Bass. 1880 in Amsterdam geboren, hatte er seine Karriere an den Bühnen in Halle und Altenburg begonnen. Fischer war Mitglied im Israelitischen Religionsverein und engagierte sich im Centralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens. 1926 erstattete er Anzeige gegen Nazis, die bei ihrem Aufmarsch in Weimar antisemitische Lieder gesungen hatten. Im Januar 1933 wurde sein Vertrag am Nationaltheater nicht verlängert. Nachdem Emil Fischer 1938 auch sein Haus verloren hatte, zog er mit seiner Frau Ella und dem Sohn Wolf nach Amsterdam-Amstelveen. Doch die Flucht in die Niederlande wurde für die Familie zur Falle: Nach der deutschen Besetzung des Landes wurde sie 1943 von der Gestapo verhaftet. Über das Durchgangslager Westerbork wurde Emil Fischer mit seiner Familie in das Vernichtungslager Sobibor in Ostpolen deportiert und in der Gaskammer ermordet.

 

SA-Männer beim Abnehmen der Gedenktafel am DNT, März 1933. Quelle: Kampf und Sieg in Thüringen, 1934
Emil Fischer, Postkarte 20er Jahre. Quelle: Udo Wohlfeld
Theaterplatz mit zum Schutz vor Bomben eingehaustem Denkmal, Juni 1942. Quelle: Stadtarchiv Weimar